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Formulierung des Forschungsproblems

Oberkapitel: I. Formulierung des Forschungsproblems

Formulierung des Forschungsproblems

Die erste Phase einer empirischen Untersuchung beginnt mit der Auswahl und der Definition eines Forschungsproblems. Ein solches kann grundsätzlich im Rahmen einer Auftragsforschung durch einen Auftraggeber oder aufgrund einer selber definierten, zu untersuchenden Problemstellung vorliegen (wissenschaftliche Grundlagenforschung).

Forschungsprobleme können Themenfeldern wie beispielsweise persönlichen Interessen entstammen, von bestehenden Theorien oder aus der Forschungsliteratur abgeleitet werden, oder aber Organisations- und Entwicklungsaspekte in Unternehmen aufgreifen. Um relevante Themenfelder von Forschungsproblemen zu identifizieren, ist eine erste Vertiefung in die bestehende Literatur und den Stand der Forschung erforderlich. Für eine zielführende Untersuchung ist, abgesehen von explorativen Untersuchungen, das Definieren eines klaren Forschungsziels wichtig („Was möchte ich genau wissen?“).

Das Formulieren deskriptiver Fragestellungen oder das Aufstellen von Hypothesen konkretisieren dann in einem nächsten Schritt das Forschungsproblem. Anschliessend folgt eine erneute Vertiefung in die Literatur.

Fragestellung(en) und Hypothesen

Um eine fokussierte Erhebung zu erreichen, ist das Definieren von exakten Forschungsfragen von zentraler Bedeutung, sowohl in der qualitativen wie auch in der quantitativen Forschung. Forschungsfragen werden vor der Definition der Forschungsdesigns und dem Entscheid der Forschungsmethoden formuliert, da sie Einfluss auf die Wahl dieser beiden haben.

Forschungsfragen entstehen in einer dreistufigen Hierarchie, in welcher sie immer konkreter werden: In einem ersten Schritt wird das Management-Dilemma, das bestehende Forschungsproblem, charakterisiert, welches der Erhebung zugrunde liegt. Im anschliessenden zweiten Schritt werden darauf aufbauend Management-Fragen definiert, die Fragen darstellen, wie dem formulierten Management-Dilemma begegnet werden könnte. Der dritte Schritt besteht aus dem Formulieren der eigentlichen deskriptiven Forschungsfragen, welche zum Inhalt haben, wie das Management-Dilemma gelöst werden könnte.

Oft entsteht eine ganze Reihe von Forschungsfragen, welche nicht alle in einer Untersuchung beantwortet werden können. Daher gilt es, die für die Zielerreichung relevanten,  erforschbaren und zueinander in Beziehung stehenden Forschungsfragen herauszufiltern. Forschungsfragen enden immer mit einem Fragezeichen.

Eine empirische Untersuchung kann ebenfalls mit dem Aufstellen von Hypothesen beginnen. Diese stellen einen spezifischen Typ von Forschungsfrage dar, eine Art Spekulation über den Zusammenhang von zwei oder mehreren Variablen. Hypothesen sind in der quantitativen Forschung populärer.
Sind die Forschungsfragen definiert, kann die Planung der Feldarbeit beginnen. An ihrem Anfang steht die Konstruktion des Erhebungsinstrumentes.

Wissenschaftliche Literatur

Nach der Definition der Forschungsfragen folgt die Durchsicht existierender wissenschaftlicher Literatur im gewählten Forschungsbereich. Hierbei geht es darum, sich Übersicht über den Stand der Forschung im entsprechnenden Forschungsbereich zu verschaffen und sich durch sorgfältiges Einlesen zum Experten zu machen.

Durch die Beschäftigung mit den verschiedenen theoretischen und methodischen Ansätzen erfolgt eine Annäherung an das Forschungsproblem: Themenrelevante Konzepte und Theorien kristallisieren sich heraus, signifikante Diskussionen und Kontroversen zeigen sich, Erfahrungen mit bereits angewendeten Forschungsmethoden sowie allfällige Inkonsistenzen oder unbeantwortete Fragen werden erläutert.
Wissenschaftliche Literatur findet sich sowohl in elektronischen Datenbanken als auch in herkömmlichen Bibliotheken.

Die Forschung ist im Rahmen der Literaturrecherche mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Einerseits muss eine Fähigkeit vorhanden sein, Geschriebenes zu interpretieren und in der Arbeit gewisse Standpunkte zu verteidigen respektive zu widerlegen. Andererseits müssen Grenzen zwischen zu inkludierender und zu exkludierender Literatur gezogen werden können. Durch die Verwendung digitaler Quellen ergibt sich eine weitere Herausforderung: Internetseiten werden von verschiedenen Seiten gespiesen und sind oft nicht auf deren Inhalt hin geprüft. Hierbei besteht die Herausforderung darin, verlässliche Seiten zu finden sowie die Autoren, deren Motive und die Aktualität der Publikation kritisch zu prüfen.

Das Konsultieren der wissenschaftlichen Literatur stellt nicht nur die Basis dar, auf welcher die Forschungsfragen gerechtfertigt werden, sondern es bietet zudem die Chance, bereits bestehendes Wissen zu integrieren sowie von den Fehlern anderer zu lernen. Im Rahmen der Beschäftigung mit der Literatur besteht weiter die Möglichkeit, Forschungsfragen gegebenenfalls aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse weiter zu verfeinern. Das Konsultieren wissenschaftlicher Literatur stellt somit einen zyklischen Prozess zwischen Theorie und Forschungsfrage dar: Durch dieses iterative Verfahren entsteht aus der abstrakten Theorie eine immer konkretere Forschungsfrage.

Weitere Quellen („Graue“ Literatur)

Neben der wissenschaftlichen Literatur gibt es weitere Quellen, welche für eine empirische Untersuchung in Betracht gezogen werden können. Hierbei kann es sich auch um so genannte „Graue Literatur“ handeln, welche zwar in Theorieteilen nicht zitierbar ist, aber zur anekdotischen Evidenz beitragen kann. Zudem können unternehmensspezifische Informationsquellen oder -organe sowie Publikationen nicht akademischer Institutionen von Interesse sein: Leitbilder, Strategie- und Konzeptpapiere oder bestimmte Marktdaten.

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